
Erzähltheater Kamishibai in Öffentlichen Bibliotheken |
23.03.2012 |
Frühkindliche Lese- und Sprachförderung in Schleswig-Holstein
Mit einem bundesweit einzigartigen Projekt will die Büchereizentrale den Öffentlichen Bibliotheken im Land – neben ihrem Angebot an Bilderbuchkinos und den Dezembergeschichten – ein weiteres Instrument zur frühkindlichen Leseförderung an die Hand geben. Ziel ist es, die Kooperation von Bibliotheken und Kindergärten zu stärken, um gemeinsam einen Ausgleich für die mangelnde Vorlesemotivation in vielen Elternhäusern zu schaffen. Rund 40 Büchereien in Schleswig-Holstein nutzen das neue Angebot der Büchereizentrale und werden sogenannte „Kamishibais“ – eine japanische bildgestützte Erzählform – im Rahmen ihrer Lesefördermaßnahmen einsetzen.
Kamishibai – was ist das?
Das Kamishibai stammt ursprünglich aus Japan und lässt sich am besten mit „Papiertheater“ oder „Erzähltheater“ übersetzen. Es besteht aus einem hölzernen Kasten oder Rahmen für Bilder, die eine Geschichte illustrieren. Der Vorführende zeigt zu einem Text Szene für Szene die Bilder. Der Rahmen ist oben geöffnet, vorn meistens mit einer geheimnisvollen Flügeltür versehen und kann einen Stapel mit etwa 10 bis 30 stabilen Bildkarten im DIN A 3 Querformat aufnehmen. Das jeweils vordere Bild kann so am Ende einer jeden Szene nach oben weggezogen werden und das nächste Bild dahinter wird sichtbar.
Kamishibais in der heutigen Leseförder-Praxis
Heute wird das Kamishibai als handliches „Tischmodell“ vor allem für die Leseförderung in Kindergärten, Grundschulen und Bibliotheken neu entdeckt und stellt eine Alternative zum Bilderbuchkino dar, die sich ohne Stromanschluss auch in kleinen Räumlichkeiten – z.B. in Fahrbüchereien – ganz einfach umsetzen lässt. Die „Vorstellung“ beginnt, wenn sich die Türen vor dem ersten Bild öffnen. Kreative Mitmach-Ideen ermöglichen dabei eine vielfältige Nutzung zur Lese- und Erzählmotivation im Vor- und Grundschulalter. So können die Kinder zu einer Geschichte selbst Bilder gestalten oder den Rahmen als Papiertheater-Bühne verwenden.
Die Projektkoordinatorin und Mitarbeiterin des Lektorates der Büchereizentrale, Susanne Brandt, erläuterte in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Erzähltheaters für die frühkindliche Lese- und Sprachförderung: „Kamishibais bieten ideale Voraussetzungen, um zu einer aktiven Auseinandersetzung mit Bildern, Erlebnissen und Sachthemen anzuregen. Gerade die Einfachheit des Materials und die Ruhe der „stehenden Bilder“, deren Vorführung dem Tempo der Kinder angepasst werden kann, üben eine besondere Faszination aus. Der oder die Vorlesende ist dabei mit den Kindern quasi „auf Augenhöhe“, so dass sich leicht ein Gespräch entwickeln kann. Kinder haben auch großen Spaß daran, bei diesem „Fernseher ohne Strom“ zu dem gelesenen Text selbst „Bildvorführer“ zu spielen oder zu eigenen Geschichten eigene Bilder zu zeigen. Spielerisch und handlungsorientiert entwickeln sie dabei ein Gefühl für den Aufbau von Geschichten und für das Zusammenspiel von Bild und Text.“
Kamishibais für öffentliche Büchereien in Schleswig-Holstein
Die Büchereizentrale Schleswig-Holstein hat die Mürwiker Werkstätten in Flensburg beauftragt, ein genau auf Bibliothekszwecke abgestimmtes Kamishibai-Modell zu entwickeln und die Rahmen für die Büchereien herzustellen. Die Bildkartensets zu beliebten Bilderbüchern wurden mit Genehmigung der Verlage in der Büchereizentrale angefertigt und werden den Büchereien nun leihweise zur Verfügung gestellt. So konnten Kamishibai-Geschichten in der Adventszeit in ganz Schleswig-Holstein – besonders auch in kleinen Büchereien und Fahrbüchereien – erzählt werden.
Landesweiter Auftakt in der Gemeindebücherei Gettorf
Der offizielle Startschuss für das von der Büchereizentrale initiierte landesweite Projekt fiel am 24. November 2011 in der Gemeindebücherei Gettorf. 23 Kinder des Evangelischen Kindergartens Regenbogen lauschten gebannt Büchereileiterin Britta Günther, die für ihre erste Kamishibai-Vorlesestunde die Geschichte „Mehr von Michel aus Lönneberga“ ausgewählt hatte. Zu ihren ersten Eindrücken sagte die Büchereileiterin im Anschluss an die Vorlesestunde: „Die Nähe, die durch das bildgestützte Erzählen und Vorlesen entsteht, gefällt mir sehr gut und auch die Kinder empfanden die Geschichte und das Erzählen mit Bildern als ein besonderes Erlebnis.“
Für Dr. Heinz-Jürgen Lorenzen, Direktor der Büchereizentrale, ist das neue Angebot ein wichtiges Element der frühkindlichen Leseförderung in Schleswig-Holstein: „Öffentliche Büchereien bemühen sich zunehmend in Zusammenarbeit mit den Kindergärten darum, den Kindern bereits sehr früh Bücher in positiver Weise nahezubringen. Mit der Entwicklung leicht einsetzbarer Hilfsmittel unterstützt die Büchereizentrale die Büchereien in diesen Bemühungen.“
Folgende Büchereien setzen das Erzähltheater Kamishibai ein:
Bad Segeberg, Bordesholm, Bredstedt, Büdelsdorf, Fehmarn, Flensburg, Geesthacht, Gettorf, Fahrbücherei Heide (F13), Henstedt-Ulzburg, Itzehoe, Fahrbücherei Itzehoe (F3), Kaltenkirchen, Kiel (5x), Klausdorf, Fahrbücherei Norderstedt (F12), Preetz, Ratzeburg, Rendsburg, Quickborn, Satrup, Scharbeutz, Schenefeld, Schönkirchen, Schwarzenbek, Sörup, Süderbrarup, Tarp, Fahrbücherei Tarp (F06), Wahlstedt, Wedel, Wentorf
Die Büchereizentrale Schleswig-Holstein ist die zentrale Dienstleistungseinrichtung für öffentliche Büchereien in Schleswig-Holstein. Sie bietet u.a. Anschaffungsempfehlungen, die zentrale Medienbestellung und -bearbeitung, technische Unterstützung und Fortbildungen an. Zudem verwaltet sie 13 schleswig-holsteinische Fahrbüchereien sowie Standbüchereien im Landesteil Schleswig.
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