
Sommer auf Balkonien |
21.08.2009 |
Schreibwerkstatt im Kinderbuchhaus Hamburg
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Geschichtensuche im Freien © Kinderbuchhaus Hamburg |
Eine Geschichte suchte ihr Ende und fand einen Hirsch, der jedoch zu stolz dafür war und lieber der Anfang sein wollte. Aus der Anfangszeile des Gedichts „Wenn ich eine Wolke wäre“ von Mascha Kaleko wurde gemeinsam ein neues Gedicht geschrieben und nach Vorgaben über die Person, den Ort, ein plötzliches Ereignis und das Ende entstand die Geschichte "Lolas Geschenk" - ebenfalls als Ergebnis gemeinsamer Arbeit am Text.
Wenn ich eine Wolke wäre
Wenn ich eine Wolke wäre
Würde ich nach Afrika fliegen
Dann wär ich eine Himmelsfähre
Würde ich im Winde wiegen.
Wenn ich eine Wolke wäre
Träumte ich meinen Gedanken nach
Rot wie eine Johannisbeere
Säh ich Flecken im Gras, ach.
Wenn ich eine Wolke wäre
Würd ich’s regnen lassen, rosarot
Zum Abendbrot.
Und dann ging ich über die Meere
Und treff vielleicht ein Schiffersboot.
Lolas Geschenk
20 Seemeilen nördlich der Azoren war das Land nicht zu sehen. Diese wunderschöne, grüne Insel, welche täglich von vielen Schiffen auf den Reisen zwischen Europa und Amerika passiert wurde.
Dort lebte ein kleines Mädchen, das den Namen Lola trug. Sie hatte rote, lockige Haare, viele Sommersprossen im Gesicht und ihre Augen funkelten in einem sonderbaren Grünton.
Da kratzte etwas an Lolas Bein und ehe sie sich versah, war ihr ein kleiner Marder auf die Schultern gesprungen. Lola schrie auf und versuchte sich den Marder vom Rücken zu zerren, doch dieser ließ sich einfach nicht abschütteln.
Doch dann sprach der Marder zu Lola: „Nun schrei doch nicht so!“ Nun hatte Lola auf einmal keine Angst mehr und streichelte den Marder. Der Marder schnurrte irgendwie, was Lola jetzt nicht von einem Marder erwartet hätte.
Lola überlegte, ob sie den Marder mit nach Hause nehmen sollte? Sie hatte eine Tasche bei sich und legte das Tier dort hinein und ging heim.
Eine Geschichte suchte ihr Ende
Drei Tage lang wurde im Kinderbuchhaus im Altonaer Museum geschrieben, gedichtet, illustriert und geträumt. „Sommer auf Balkonien“ – trotz heftigem Regen haben wir gemeinsam in einer Atmosphäre von Sommer, Stille, Hitze, Träumen und Fernweh Geschichten erdacht und Geschichten gehört.
Angefangen haben wir damit am Dienstag mit unserem Buch Nummer 1 „Urlaub – Reise – Hamburg – Ferien – Hafen …“
Inspiriert durch die Bilder der Ausstellung Peter Schössows im Kinderbuchhaus entstanden am ersten Tag schon so lange und spannende Geschichten, dass wir gar nicht zu allen geplanten Schreibübungen und zu „richtigen“ Pausen kamen.
Geschichten von Siggi Salzmesser, dem Privatdetektiv oder von einem kleinen, schwarzen Kater, der im Hamburger Hafen Café miauend auf dem „rosa geteppichten Fußboden, den man nur mit Socken betreten darf“ lag oder gar über eine Geschichte, die ihr Ende suchte (und einen Hirsch fand, der zu stolz dafür war, sich jedoch als Anfang anbot) – die Fantasie kannte keine Grenzen und nahm uns dennoch gefangen.
So haben wir unseren „Sommer auf Balkonien“ begonnen. Das erste Buchobjekt füllte sich. Tag 2 wurde geplant und zuhause weiter gearbeitet.
Am Mittwoch lauschten wir zunächst den Fortsetzungen der Geschichten (wie kam z.B. Siggi Salzmesser mit seinem Fall voran?), haben unser Buch Nummer 2 hergestellt und uns schließlich auf Expedition zum Stuhlmannbrunnen in Altona auf dem Platz der Republik begeben. Das Wetter hielt sich noch ganz gut und einzig einige Windböen haben Wasser vom Brunnen auf uns geweht. Wir haben gedichtet, gezeichnet, Figuren für unsere Geschichten gefunden, Frottagen gemacht, gelacht, geträumt und die Stimmung um uns herum genossen.
Trotz aufkommenden Nieselregens haben wir dann unsere Expedition fortgesetzt. Ziel: Der Altonaer Balkon. Ort für Reisegeschichten, für die verdrehten Welten in der Camera Obscura, für Dichterbäume und für unser Gruppenfoto.
Und dann kam er, der große Regen. Durchnässt und trotzdem guter Stimmung sind wir wieder im Kinderbuchhaus angekommen. Der nassen Sachen entledigt, wollten alle weiter an ihren Geschichten arbeiten, kaum jemand hatte Lust nach Hause zu gehen. So endete er, der Tag 2.
Die Gruppe war eine Gemeinschaft geworden. Freundschaften waren entstanden sowie persönliche Ratgeber gefunden. Die Schreibspiele und immer neue Geschichten haben unsere Fantasie beflügelt und eine einzigartige Atmosphäre des Kreativen entstehen lassen.
Donnerstag, der letzte Tag, hatte das Ziel das Gesamtbuch zu fertigen. Buch Nummer 3 und ein Umschlag wurden geschnitten und gefaltet. Kollagepapiere und Aquarellstifte halfen beim Gestalten. Aber auch weitere Geschichten entstanden. Schließlich hatten wir alle in der Präsentationsrunde nochmals die Gelegenheit, den vielen schönen Geschichten zuzuhören.
Materialen, Umgebung und vor allem das Konzept von Kerstin Hof haben zum Austausch angeregt und das Programm getragen. Damit haben die konzentrierte Stimmung, die großartige Fantasie und die Gemeinschaft einer Gruppe von so verschiedenen Menschen das Ferienprogramm zu einem schönen Erlebnis werden lassen.
„Meehr“ davon, vom „Sommer auf Balkonien“.
Autorin: Heike Roegler
Kontakt:
Kinderbuchhaus im Altonaer Museum
Museumstraße 23
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