Bericht

Lesestark! Dresden blättert die Welt auf

18.02.2009

Lese-, Schreib- und Sprachförderung für 5- bis 7-Jährige


Logo des Projekts
Logo des Projekts
Das neue Gemeinschaftsprojekt der Städtischen Bibliotheken Dresden, der Bürgerstiftung Dresden und der Drosos Stiftung Zürich richtet sich an Kinder im Übergangsalter vom Vorschulkind zum Erstleser sowie an deren Eltern und Betreuungspersonen. Ziel soll es dabei sein, durch eine breit angelegte Leseförderung sowie eine hohe Betreuungsdichte besonders Kinder aus lesefernen und sozial benachteiligten Familien zu erreichen. Im engen Zusammenwirken mit Kindergärten und Grundschulen sollen dabei spielerische und aktionsbetonte Konzepte umgesetzt werden, in deren Mittelpunkt immer die Arbeit mit dem Bilderbuch steht. Die Laufzeit des Projektes ist vorerst über zwei Schuljahre (2008 – 2010) vorgesehen.
Bildungsunterstützung und hier insbesondere Leseförderung für Kinder hat seit Jahren in der Auftragserfüllung von öffentlichen Bibliotheken oberste Priorität. Ausgehend von schwindender Lese- und Vorlesekultur in den Familien erhalten Bildungsnetzwerke zwischen Kindergärten, Bibliotheken und Grundschulen eine neue Bedeutung. Gefragt sind Konzepte zur Bündelung und Vernetzung vorhandener Ressourcen und Strukturen gegen den offensichtlichen Zusammenhang von Schichtzugehörigkeit und Lernerfolg.

Engagierte Partner kooperieren
Der grundsätzlich kostenlose Zugang zu hochwertigen Veranstaltungsangeboten für alle Kinder wird ermöglicht durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Züricher Drosos Stiftung, einer noch jungen gemeinnützigen Stiftung aus der Schweiz, die seit 2005 international agiert und verschiedenste soziale Projekte initiiert. Entscheidend für das außergewöhnliche Engagement der Drosos Stiftung in Dresden waren sowohl die gegebene Infrastruktur eines ausgebauten städtischen Bibliothekssystems, das nachgewiesene Know-how der Städtischen Bibliotheken auf dem Gebiet der Leseförderung sowie die konsequente soziale Ausrichtung des Konzeptentwurfs.

Maßgebliche Unterstützung findet das Vorhaben außerdem durch die enge Kooperation mit der Bürgerstiftung Dresden, die als wichtigster regionaler Förderer des Ehrenamtes das Projekt mit ca. 60 ehrenamtlichen Vorlesepaten in der angestrebten Dimension überhaupt möglich macht. Da das Projekt im Kern Vorleseaktivitäten beinhaltet, bei denen es um eine geschätzte Gesamtzahl von jährlich rund 2.000 Veranstaltungen für Vorschulkinder und Erstklässler geht, die generell für alle Kinder kostenlos sind, ist eine enge Vernetzung von ehrenamtlichem und bibliothekarischem Engagement unabdingbare Voraussetzung.

Leselust kann bei jedem Kind geweckt werden. Eine Schlüsselrolle kommt dabei den Bibliotheken zu, denn bibliothekarische Leseförderung ist im Kern immer Förderung von Lesefreude und Leselust. Dass hierbei noch gezielter als bisher vorgegangen werden kann und bedürftige Kinder noch intensiver in den Blick genommen werden können, soll das neue Projekt mit all seinen Aktionen rund um das Bilderbuch zeigen. Voraussetzung dafür ist ein ausgebautes Netzwerk der Lesekultur, das ausgehend von den Bibliotheken mit Kindergärten, Schulen, Multiplikatoren und Elternhäusern engmaschig geknüpft wurde. Ziel ist es dabei, die Kernkompetenzen Sprach- und Lesefähigkeit bei allen Kindern verbessern zu helfen, um ihre Bildungschancen nachhaltig zu erhöhen.


Ausgewählte Vorlesepaten für die Projektarbeit
Zu den tragenden Säulen zählen die im Projekt ehrenamtlich tätigen Vorlesepaten. Sie sind diejenigen, die gemeinsam mit den Bibliotheksmitarbeitern individuelle Programme erstellen und als Vermittler kinderliterarischer Texte in Bibliotheken, Schulen und Kindergärten vorlesen bzw. agieren. Um geeignete Personen für diese anspruchsvolle Aufgabe zu gewinnen, erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung Dresden eine öffentliche Ausschreibung. Hierbei zeigte sich, dass das Anliegen, Kindern Lesefreude zu vermitteln, vielen Dresdnern sehr am Herzen liegt. Nach ausführlichen Bewerbungsgesprächen mit über 150 Interessierten wurden 57 Vorlesepaten für die direkte Projektarbeit ausgewählt. Allen Bewerbern, die nicht in den engeren Kreis einer Vorlesepatenschaft für das Projekt gekommen sind, wurden andere Einsatzmöglichkeiten innerhalb der Städtischen Bibliotheken Dresden wie auch über die Freiwilligenagentur der Bürgerstiftung Dresden angeboten. Auf diese Weise konnte gewährleistet werden, dass alle Interessenten eine Möglichkeit zur aktiven Beteiligung an der Leseförderung von Heranwachsenden erhielten.

Seit September 2008 ist nun die „Lesestark-Auswahl“ in zehn Stadtteilbibliotheken voller Ideen und Engagement aktiv. Die Heterogenität der Vorlesepaten, die aus unterschiedlichen Berufs- und Altersgruppen kommen - die Spanne reicht vom 18-jährigen Studenten bis zum 75-jährigen Rentner – sowie deren ganz individuelle Erfahrungen mit Kindern und Kinderliteratur, machen eine weitere Besonderheit des Projekts aus. Um ihre Tätigkeit in Bibliotheken, Kindergärten und Grundschulen kompetent ausführen zu können, erhalten sie projektbegleitend theoriegeleitete und praxisorientierte Fortbildungsangebote zum Vorlesen, Erzählen und Präsentieren von Bilderbüchern. Bislang absolvierten Vorlesepaten drei Seminare zur Sprecherziehung, in denen sie mit Vortragsweisen literarischer Texte und mit Fragen von Intonation und Stimmführung vertraut gemacht wurden. Ein weiterer wichtiger Schulungsschwerpunkt vorab lag auf Neuerscheinungen und aktuellen Entwicklungen des deutschsprachigen Bilderbuchmarktes. Ferner diskutierten sie mit dem Verleger des renommierten Moritz-Verlages, Markus Weber, über kindgemäße Bilderbücher und ließen sich durch praxisnahe Vorschläge zur methodischen Gestaltung von Vorlesebeiträgen mit Bilderbüchern inspirieren.

Zentren der außerschulischen Leseförderung
Basis aller lesefördernden Aktivitäten rund um das Medium Buch sind 10 ausgewählte Dresdner Stadtteilbibliotheken als etablierte Zentren der außerschulischen Leseförderung. Die notwendige Auswahl orientierte sich am Anteil an Sozialhilfeempfängern im Einzugsbereich der Stadtteilbibliotheken. Hieraus resultierend wurden sieben Stadtteilbibliotheken ausgewählt, in deren Umfeld sich durch einen Anteil von mehr als 20 % Sozialhilfeempfängern eine besondere Versorgungsfunktion für die sozial schwächsten Bevölkerungsanteile ergibt. Schwierigkeiten der Versorgung und Betreuung von Kindern unter oben genannten Zielrichtungen bestehen außerdem in einigen Stadtrandgebieten.
Bedingt durch Randlage, fehlende Infrastruktur und lange Wege wurden daher zwei weitere Bibliotheken zur Teilnahme am Projekt ausgewählt. Die 10. Projektbibliothek liegt in einem dicht besiedelten Dresdner Stadtteil, der die Struktur einer Kleinstadt hat. Die Bibliothek sieht sich hier einer wachsenden Anzahl von Kindergärten und Schulen gegenüber, die nicht im erforderlichen Maß betreut werden können. Eine Integration ins Projekt schien daher geboten, um auch in diesem Stadtteil Kinder mit erhöhtem Förderbedarf im Interesse von Chancengleichheit zu erreichen.

Kostenlose Veranstaltungen in Kindergärten und Grundschulen
Seit Sommer 2008 wurden Kindergärten und Grundschulen gezielt über Projektinhalte und -ziele informiert und zur Teilnahme angeregt. Wichtig war dabei zu betonen, dass sämtliche Veranstaltungs- und Vorleseangebote für alle Kinder im Projekt kostenfrei sind. Nur so kann die Teilnahme von Kindern aus sozial benachteiligten Familien sichergestellt werden. Die Einrichtungen erfuhren außerdem, dass für jede der am Projekt beteiligten Vorschulgruppen bzw. Grundschulklassen mindestens einmal im Monat ein Veranstaltungstermin rund ums Buch konzipiert wird, damit eine Kontinuität der Begegnung mit Bilderbüchern, Vorleseaktionen sowie literaturvermittelnden Akteuren gewährleistet werden kann. Durch diese Kontinuität, so eine erklärte Absicht des Projektes, soll den Heranwachsenden die positive Wirkung von Literatur und Lesen erfahrbar gemacht werden, um damit, so ist zu hoffen, den Grundstein für eine eigene erfolgreiche Lesebiografie zu legen.

Bereits im ersten Projektjahr zeichnen sich großes Interesse und rege Beteiligung am Projekt ab, wobei deutliche Differenzen zwischen der Kooperationsbereitschaft der Kindergärten und der der Grundschulen festzustellen sind. Der derzeitige Erfassungsgrad der teilnehmenden Einrichtungen liegt bei 73,9 % für die Kindergärten und bei 46,2 % für die Grundschulen.
Es bleibt zu hoffen, dass eine positive Bilanz des ersten Jahres und eine kontinuierliche Information über das Projekt in den Medien zu einer Mehrbeteiligung im zweiten Projektjahr führen werden.

Vorlesepaten mit Lesekoffer und Lesethron
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet sich das Projekt in seiner praktischen Anlaufphase. Es ist eine Art Feuertaufe, denn alles, was geschieht, ist in dieser Form Neuland. Die Vorlesepaten haben sich zu kleinen Teams von 3 bis 8 Personen in den Bibliotheken formiert und arbeiten mit diesen konzeptionell und praktisch Hand in Hand. Die meisten von ihnen haben ihre erste Vorlesestunde bereits erfolgreich bestritten. Ausgestattet mit einem dekorativen Lesekoffer und gut bestuhlt, denn der Medienpartner der Projektes, die Sächsische Zeitung, hat zehn eindrucksvolle Lesethrone gespendet, haben sie nun endlich die Möglichkeit, all das vorhandene und erworbene Wissen sowie ihre eigene Lesebegeisterung an Kinder weiter zu geben. Die beteiligten Kindergärten und Grundschulen besitzen ihre Jahresplanung, in der ihre Wünsche nach besonderen Veranstaltungen rund ums Buch (wie z.B. Papierschöpfen oder Kinderhörclubs) ebenso berücksichtigt wurden, wie die monatlichen Vorlesetermine der Vorlesepaten. Und auch die zehn Stadtteilbibliotheken, in denen der Großteil der Veranstaltungen stattfinden wird, haben ihre Auftaktveranstaltungen sowie den ersten Ansturm gut gemeistert. So bleibt jetzt allmählich Zeit, um einen monatlichen Treff zu organisieren, bei dem sich Vorlesepaten über Erfahrungen in ihren Veranstaltungen sowie beim Auswählen der Literatur und beim Vorbereiten auf eine Vorlesestunde austauschen können. Ebenso wird ein ständiger Kontakt mit den Bibliotheken und dem pädagogischen Personal der Kindergärten und Grundschulen angestrebt, denn voneinander zu wissen und die anstehenden Fragen und Probleme auf direktem Weg zu klären, wird für den Erfolg des Vorhabens entscheidend sein.

Kontakt:
Holger Nitzschner
Projektkoordinator
Städtische Bibliotheken Dresden
E-Mail: h.nitzschner@lesestark-dresden.de


Redaktionskontakt: schuster@dipf.de