Bericht

Für jedes Kind das richtige Buch

30.08.2006

Die Kinderbuchhandlung des Jahres


Gisela Schruff vor dem kleinen Laden
Gisela Schruff vor dem kleinen Laden
Schon beim Betreten spürt man, dass dies ein ganz besonderer Buchladen ist, die Kinder- und Jugendbuchhandlung „der kleine laden e.V.“. Liebevoll sind die Bücher nach Altersstufen und Themenbereichen sortiert, von bunten und hübschen Buchumschlägen lachen kleine Drachen herab und seltsam aussehende Wesen verführen zum Verweilen. In dieser Buchhandlung, in der es ausschließlich Kinder- und Jugendbücher gibt, bekommt jeder direkt Lust zu lesen. In den auch für Kinderhände gut erreichbaren Regalen und Auslagetischen ist für jeden das Richtige dabei. Spiele, Hörspiele und Fachliteratur für Eltern und Erzieherinnen und Erzieher runden das Angebot ab.

Auszeichnung für besonderes Engagement
Für ihr besonderes Engagement und ihr hervorragendes Sortiment erhielt der kleine Bonner Buchladen im Mai dieses Jahres die Auszeichnung „Kinderbuchhandlung des Jahres 2006“. Der Preis wurde zum dritten Mal auf der Leipziger Buchmesse von der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen vergeben. „Wir leisten uns den Luxus, bestimmte Bücher nicht verkaufen zu müssen“, schwärmt die Geschäftsführerin Gisela Schruff stolz von ihrem anspruchsvollen und exquisit ausgewählten Sortiment. Blutrünstige und gewalttätige Bücher bietet die Buchhandlung grundsätzlich nicht an. Stattdessen führt sie alles, wovon sie denkt, dass es Kinder und Jugendliche zum Lesen verführt. Dazu zählen auch ungewöhnliche Bücher, wie „Aufregende Geschichten von Lebewesen, die auf uns wohnen“ von Jörg Blech. Und auf der großen Backlist des Ladens stehen auch alte Bücher, wie das vor 25 Jahren geschriebene Buch von Paul Maar „Die Maus, die hat Geburtstag heut“, das es in anderen Buchhandlungen schon lange nicht mehr gibt. „Wir nehmen uns viel Zeit für die Vertreter, lassen uns alles zeigen, lesen so gut wie alle Bücher und wählen nach gründlicher Überlegung aus, welche Bücher wir bestellen“, erzählt Gisela Schruff.

Die Entstehungsgeschichte des Buchladens
Die Geschäftsführerin und gelernte Buchhändlerin führt „den kleinen laden“ derzeit gemeinsam mit einer weiteren Buchhändlerin, einer Auszubildenden und einer Aushilfe. Gisela Schruff ist schon seit 25 Jahren treue und überzeugte Mitarbeiterin der Buchhandlung und gesteht frei: „Uns gibt es nur noch, weil wir ohne wirtschaftlichen Zweck arbeiten“. Als Verein ist der Laden unabhängig von den Gesetzen des Marktes und kann sich, weil er nicht in ökonomischer Konkurrenz zu anderen Buchhandlungen steht, sein außergewöhnliches Sortiment leisten. Gewinne dürfen keine erzielt werden, was erwirtschaftet wird, fließt umgehend zurück in den Laden.

Gegründet wurde der „kleine laden“ von den Bonner Jugendverbänden im Mai 1950 an der Ecke Brüdergasse/Markt. „Man wollte in der Nachkriegszeit einen Ort schaffen, an dem Kinder und Jugendliche lesen können, was politisch neutral ist“, berichtet Gisela Schruff. Der Träger, der Verein zur Förderung der guten Kinder- und Jugendliteratur, wollte und will auch heute noch mit dem Buchladen ein Forum für die kritische Auseinandersetzung mit Jugendliteratur anbieten. Seit 1959 ist der „kleine laden“ in einem Gebäude in der Budapester Straße in der Bonner Innenstadt zuhause und zählt ein großes Stammpublikum.

Informationsabende für Eltern
Das Engagement des Personals geht über das Bücherverkaufen hinaus. Vor allem im Winter besuchen die Mitarbeiterinnen zahlreiche Kindergärten und Grundschulen und veranstalten Elterninformationsabende. Dazu nehmen sie mehrere Bücherkisten mit und präsentieren dem Lehrpersonal und den Eltern vielfältige Kinderbücher und geben Tipps zur Lesemotivation. „Es gibt für jedes Kind das richtige Buch“, weiß Gisela Schruff. Auch Kinder, die nicht gerne lesen oder sogar eine ausgewiesene Leseschwäche haben, sind zum Lesen zu verführen, wenn man sich die Mühe macht, ihnen die richtigen, nach ihren Interessen entsprechenden Bücher, herauszusuchen oder sie intensiv zu fördern. Dies weiß die Mutter von vier Söhnen aus eigener Erfahrung. Einer ihrer Söhne hatte eine Lese-Rechtschreib-Schwäche und erhielt eine professionelle Förderung. Heute steht er mit Deutsch-Leistungskurs kurz vor dem Abitur. Kinder brauchen viel Geduld und Erfolgserlebnisse. Gisela Schruff ist sicher, dass viele Kinder deshalb nicht gerne lesen, weil sie es nicht gut können. Umso wichtiger ist es, die Kinder zu motivieren, einerseits, indem man ihnen immer wieder vorliest, andererseits, indem man ihnen Literatur heraussucht, für die sie sich begeistern. Das können auch Koch- oder Witzbücher sein. Einen Fußball interessierten Jungen kann man mit ruhigem Gewissen die Zeitschrift „Kicker“ zum Lesen geben, meint sie. Es kommt darauf an, dass Kinder überhaupt lesen und die Kulturtechnik einstudieren. Die These, dass Jungen nicht gerne lesen, hält sie für ein Gerücht. „Sie lesen andere Sachen als Mädchen. Nur leider gibt es wenig gute Unterhaltungsliteratur für Jungen. In der Jungenförderung muss im Kindergarten und in der Grundschule dringend etwas passieren“, ist sie überzeugt.

Besuch von Grundschulklassen
Regelmäßig besuchen auch Kindergartengruppen sowie Grundschulklassen den „kleinen laden“, schmökern, schauen sich gründlich um und tauchen in die Welt der Bücher ein. Oft lesen die Grundschulklassen Leseexemplare der Kinderbuchhandlung im Deutschunterricht und schreiben witzige und sehr aufschlussreiche Kommentare. Die Buchhändlerinnen erfahren, welche Bücher bei den Kindern gut ankommen und können sie bei ihren Bestellungen berücksichtigen.
Gerne versorgen die Mitarbeiterinnen der Kinderbuchhandlung auch Grundschulklassen und Schulbibliotheken mit Themenkisten. „Das ist eine gute Gelegenheit, auch ungewöhnliche Bücher bekannt zu machen“, freut sich die engagierte Buchhändlerin.
Nur die Autorenlesungen, die vor allem in den 70er und Anfang der 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts regelmäßig in der Buchhandlung stattfanden, gibt es heute nicht mehr. Damals lasen so bekannte Bilderbuchautoren wie Helme Heine in dem „kleinen laden“, heute fehlt dem Verein das Geld dazu. Die Honorare sind zu hoch geworden, bedauert Gisela Schruff diese Entwicklung. Aber auch ohne Autorenlesungen ist der „kleine laden“ eine ausgezeichnete Kinder- und Jugendbuchhandlung, in der sich ein Besuch auf jeden Fall lohnt.


Adresse: Der kleine Laden e.V.
Budapester Straße 5
53111 Bonn
Telefon: 0228/ 634335
Fax: 0228/ 690743
E-Mail: gschruff-tyr@t-online.de

Öffnungszeiten: Mo-Fr 9.30 – 18.30 Uhr, Sa 10.00 – 14.00 Uhr

Autorin: Petra Schraml


Redaktionskontakt: schraml@digitale-zeiten.de