
Leseland Hessen |
Projekte und Initiativen zur Förderung der Sprach- und Lesekompetenz
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In der Diltheyschule in Wiesbaden © Hessisches Kultusministerium |
Literacy-Erziehung in der frühen Kindheit
Literacy-Erziehung ist „das bewusste Heranführen der Kinder an den selbstverständlichen Gebrauch von Schrift sowohl in der Rezeption (Lesen) als auch in der Produktion (Schreiben). "Dies entspricht sowohl dem natürlichen Interesse des Kindes an entdeckendem Lernen in seiner Umgebung als auch der zentralen Bedeutung von Schriftlichkeit in unserer Gesellschaft. Deshalb gilt es, der Literacy-Erziehung so früh wie möglich und an allen Bildungsorten des Kindes einen hohen Stellenwert einzuräumen“, heißt es im hessischen Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren. Betont wird die besondere Bedeutung der sprachlichen Bildung im Elementarbereich. Sie soll jedem Kind, ungeachtet seiner sozialen Herkunft, gute Startchancen für seine schulische Bildungsbiographie ermöglichen.
Verstärkte Leseförderung an hessischen Schulen
Zur Stärkung der Lesekompetenz hat die Landesregierung für die allgemeinbildenden Schulen ein Maßnahmenpaket mit verschiedenen Bausteinen verabschiedet. Dazu gehören beispielsweise Fortbildungen zur Verstärkten Leseförderung und die Vorgabe, dass in den weiterführenden Schulen mindestens eine Lektüre (Ganzschrift) pro Schuljahr gelesen werden muss. Unterstützung bei der Auswahl einer geeigneten Lektüre erhalten die Lehrkräfte durch Lektüreempfehlungen des Hessischen Kultusministeriums. Darüber hinaus plant Hessen im Rahmen des Maßnahmenspakets zur Stärkung der Lesekompetenz gemeinsam mit verschiedenen Hochschulen und weiteren Kooperationspartnern die Einrichtung eines „Kompetenzzentrums Bildungssprache Deutsch“. Eine zentrale Säule dieses Kompetenzzentrums – neben den Kompetenzstellen zum Sprechen und Zuhören, zur Orthografie und zum Bereich Deutsch als Zweitsprache – wird die Kompetenzstelle Lesen und Verstehen sein. Die Aufgaben dieses Kompetenzzentrums bestehen in der Forschung zur Implementation von Fortbildungsangeboten im Unterricht sowie in Fortbildungs- und Beratungsangeboten für Lehrkräfte und Schulen.
Hessen beteiligt sich zudem gemeinsam mit der Stiftung Lesen am Nationalen Lesepakt, der bei Schülerinnen und Schülern durch verschiedene Aktionen die Freude am Lesen von Lektüren stärken soll. Eine dieser Aktionen ist der Welttag des Buches der Stiftung Lesen. An der Aktion nahmen 2021 fast 40.000 Schulklassen teil und ca. 860.000 Schülerinnen und Schüler erhielten das Buchgeschenk „Ich schenk dir eine Geschichte".
Ob Lesetipp per Video oder Poetry Slam – Ideenreichtum zeichnet die Aktionen der Lesescouts aus. Sie widmen sich mit Unterstützung des Hessischen Kultusministeriums insbesondere der Stärkung von Lesemotivation und Lesekompetenzen ab Jahrgangsstufe 5 und begeistern Kinder und Jugendliche an weiterführenden Schulen in Hessen für das Lesen.
Das bereits vor den Sommerferien gestartete Förderprogramm Löwenstark - der BildungsKICK, wird auch im aktuellen Schuljahr 2021/2022 weitergeführt. Es unterstützt die Schülerinnen und Schüler nach eineinhalb Jahren Covid 19 Pandemie auf vielfältige Weise durch Förderkurse, individuelle Lernbegleitung im Unterricht, Hausaufgabenbetreuung, Online-Nachhilfe, Lerncamps, Angebote der kulturellen Bildung, Bewegungsangebote wie zum Beispiel Schwimmkurse oder psychologische Unterstützung. Ein speziell auf das Lesen zugeschnittenes Programm ist die Aktion „Förderung des Lesens in Elternhaus und Schule“ mit kostenlosen Buchpräsenten für die Kinder der 1. bis 3. Jahrgangsstufe. Mit der Aktion „Löwenstark – der Bildungs-KICK“ wird den Kindern und Jugendlichen geholfen, den durch Corona verpassten Lernstoff nachzuholen, aber auch sozial und emotional nach Monaten des eingeschränkten Unterrichts wieder zurück in den Schulalltag zu finden. Darüber hinaus gibt es in Hessen mehrere Schulen mit dem Schwerpunkt der literaturfördernden Arbeit sowie eine Profilschule Kulturelle Bildung mit dem Schwerpunkt Literatur. In diesen Schulen wird der Literatur- und Leseförderung mit vielen Projekten ein hoher Stellenwert zugeschrieben und beispielsweise auch der Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren viel Beachtung geschenkt.
„Bildung durch Sprache und Schrift“ (BiSS)
Hessen beteiligt sich am bundesweiten Forschungs- und Entwicklungsprogramm BiSS-Transfer „Bildung durch Sprache und Schrift“ und am BiSS-Forschungsnetzwerk. Im Schulverbund BiSS-Transfer „Verstärkte Leseförderung“ nehmen Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe an Fortbildungen zur Verstärkten Leseförderung insbesondere zu den Themen Leseflüssigkeit, Lesestrategien und Lesemotivation teil. Im Rahmen des BiSS-Forschungsnetzwerks ist zudem das Projekt „Lese-BiSS“ mit dem Forschungsschwerpunkt Leseförderung geplant, an dem sich auch Schulen beteiligen können. Es gibt Fortbildungen und Unterrichtsvorschläge, die von einem wissenschaftlichen Forschungsteam begleitet und evaluiert werden. Ziel der Arbeit des Forschungsnetzwerks ist es, herauszufinden, welche Methoden und Instrumente der Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Leseförderung unter welchen Bedingungen funktionieren. Das Netzwerk geht der Frage nach, wie Methoden und Instrumente optimal für eine durchgängige, wirksame Sprach- und Leseförderung vom Beginn der institutionellen Betreuung bis zum Ende der Sekundarstufe I eingesetzt werden können.
Stärkung und Weiterentwicklung von Schulbibliotheken
Im Bereich der Leseförderung sollen Lesefreude und Lesemotivation geweckt und die Lesekompetenz gestärkt werden. Eine moderne, multimediale Schulbibliothek unterstützt die Schülerinnen und Schüler in vielerlei Hinsicht.
In diesem Zusammenhang bietet das Hessische Kultusministerium Schulen mit den Fachberaterinnen und Fachberatern für hessische Schulbibliotheken in den Kooperationsverbünden sowie der Hessischen Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken in Wiesbaden und Kassel die Möglichkeit der Beratung an. Die Fachberaterinnen und Fachberater für hessische Schulbibliotheken unterstützen die Schulen bei der pädagogischen Anbindung von Schulbibliotheken und Mediatheken in den Unterricht und das Schulprogramm sowie in den Bereichen Leseförderung, Medienerziehung und Bibliothekspädagogik. Die EDV-Servicestelle für Schulbibliotheken in Hessen unterstützt Schulbibliotheken im Auftrag der Hessischen Lehrkräfteakademie in technischen Fragen. Sie bietet Unterstützung rund um das Thema Schulbibliotheksprogramme an und veranstaltet regelmäßig Fortbildungen, zum Beispiel zur Software für Literaturverwaltung in Bibliotheken und zum Hessen-OPAC.
Als Orte des Lesens und der Leseförderung gilt dem Ausbau der Schulbibliotheken besonderes Augenmerk. Damit diese sich zu einem Lern- und kulturellen Zentrum der Schule weiterentwickeln können, führt das Hessische Kultusministerium die bereits begonnenen Anstrengungen weiter. Unterstützt werden vor allem die Landesarbeitsgemeinschaft Schulbibliotheken (LAG) bei der Durchführung des alle zwei Jahre stattfindenden Hessischen Schulbibliothekstags als Fortbildungsveranstaltung für alle, die in Schulbibliotheken tätig sind. Die LAG ist ein gemeinnütziger Verein, der seine Mitglieder und andere Schulbibliotheksinteressierte informiert und berät. In regelmäßig erscheinenden Newslettern werden Neuigkeiten, Tipps und Tricks rund um die Arbeit in Schulbibliotheken sowie analoge und digitale Umsetzungsbeispiele für die Leseförderung vorgestellt. Zusätzlich finden regelmäßig virtuelle Videokonferenzen, das so genannte online LAG-Café, zum Austauschen, Fortbilden und Vernetzen der Schulbibliotheksinteressierten statt. Außerdem unterstützt die LAG regelmäßig Leseförderprojekte an Hessischen Schulen, aktuell mit dem Podcast-Projekt „Bücheralarm“ von Lena Stenz.
Beratung beim Auf- und Ausbau von Schulbibliotheken finden die Schulen auch bei der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle der Stadtbücherei Frankfurt am Main. Sie unterstützt Schulbibliotheken auf ihrem Weg zum Medienkompetenzzentrum und bietet differenzierte bibliothekarische Serviceleistungen an.
Das Projekt Informations- und Mediennetzwerk der Medienzentren und Schulen im Lahn-Dill-Kreis hat eine breit angelegte Förderung von Schulmediatheken unter Nutzung moderner Informationstechnologie erreicht.
Lese- und Literaturförderung in Öffentlichen Bibliotheken
Das besondere Interesse der rund 500 öffentlichen Bibliotheken in Hessen gilt der Leseförderung der Schülerinnen und Schüler. Das Hessische Kultusministerium, das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und der Deutsche Bibliotheksverband - Landesverband Hessen haben zur Förderung der Zusammenarbeit von Schulen, Schulbibliotheken und Öffentlichen Bibliotheken eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen. Darin verpflichten sich die Partner, vor allem jenen Kindern einen Zugang zu Literatur zu schaffen, die ihn zu Hause nicht finden. Von der Kooperation profitieren beide: Die Schulen erhalten Zugang zu einem breiteren Literatur- und Medienangebot sowie zu professioneller Beratung und die Bibliotheken erreichen neue Lesergruppen.
Die Hessische Leseförderung
Die Freude am Lesen vor allem bei jungen Leserinnen und Lesern zu wecken und zu fördern, ist das Ziel der Hessischen Leseförderung. Gemeinsam mit öffentlichen Bibliotheken, Schulen und weiteren Einrichtungen erarbeitet und fördert die Hessische Leseförderung Konzepte, um neue Leserschichten zu gewinnen, Sprachbarrieren zu überwinden und bei Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen die Freude am Lesen zu steigern. Unterstützt werden Projekte zur Förderung von Lesefähigkeit, Lesekompetenz und Kreativität. Mit besonders gelungenen Projekten können sich öffentliche Bibliotheken für den mit insgesamt 15.000 Euro dotierten Hessischen Leseförderpreis bewerben. Die Projekte der Hessischen Leseförderung werden vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst finanziell und ideell unterstützt.
Mit ca. 13.000 ehrenamtlichen Lesementorinnen und –mentoren unterstützt der Verein MENTOR - Die Leselernhelfer Hessen e.V. Schülerinnen und Schüler im Prozess des Lesenlernens. Gefördert werden Kinder aus allen Schultypen, der Schwerpunkt allerdings liegt auf Grund- und Hauptschulen. Eine ähnliche Aktion besteht seit geraumer Zeit in Frankfurt am Main. Die FRANKFURTER LESEPATEN sind eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, die sechs- bis zehnjährigen Kindern in den Grundschulklassen 1 bis 4 ehrenamtlich beim Lesen und Lernen der deutschen Sprache helfen. Derzeit sind etwa 400 Lesepaten an Grund- und Förderschulen in vielen Frankfurter Stadtteilen tätig.
Literarische Höhepunkte im Leseland Hessen
Jedes Jahr im Oktober wird Frankfurt am Main zum Schauplatz für die größte Messe der Welt für Buch, Multimedia und Kommunikation. Die Vielfalt der aktuellen Kinder- und Jugendmedien wird im Kids Universum präsentiert, dessen Zentrum sich in Halle 3 auf dem Messegelände befindet. Und beim Literaturfestival Leseland Hessen veranstalten die Städte parallel zur Buchmesse Lesungen, Themenabende, ein Krimifestival und den Lese-Marathon.
Literarisch interessant sind die Kalbacher Klapperschlange, ein Literatur-Preis, der jährlich von einer Kinder-Jury im Frankfurter Stadtteil Kalbach vergeben wird. Das Netzwerk Leseförderung Rheingau-Taunus e.V. organisiert seit 20 Jahren das Lesefest, ein Festival für Kinder- und Jugendliteratur in allen 17 Städten und Gemeinden des Rheingau-Taunus-Kreises, in Zusammenarbeit mit den Schulen, Bibliotheken und Kitas des Landkreises mit über 100 Veranstaltungen im Jahr. Autor*innenlesungen, Schreibwerkstätten, Ausstellungen, Aktionen, Vorlesestunden und Wettbewerbe, finden dazu an besonderen historischen und originellen Orten statt. Seit 2020 gibt es die Weltretter-Bibliothek-to go, eine modulare, mobile Bibliothek, die die Themen Literaturpädagogik, Umweltpädagogik und Medienpädagogik verbindet und im Medienzentrum des Kreises für alle Schulen, Bibliotheken und Kitas kostenfrei entleihbar ist. Zu diesem im Jahr 2021 mit dem Hessischen Leseförderpreis ausgezeichneten Projekt gehören zahlreiche digitale Materialien wie Apps, Tools und Lizenzen. Der Rheingau-Taunus-Kreis ist der erste und bisher einzige Landkreis in Hessen, der eine Kreis-Onleihe im OnLeiheverbundHessen unterhält und sich damit für vergleichbare Lebensverhältnisse im städtisch-ländlichen Raum und für die Stärkung von Bibliotheken einsetzt und dafür sogar eine Lese- und Literaturpädagogin (BVL) eingestellt hat.
Spannend sind auch die Reichelsheimer Märchen- und Sagentage im Oktober und die Frankfurter Leseeule im November, zu der in Zusammenarbeit mit zahlreichen Frankfurter Kulturinstitutionen ein aufregendes Rahmenprogramm mit Theater- und Kinoaufführungen, Lesungen und Kreativaktionen angeboten wird.
Einen ungewöhnlich erfolgreichen Literaturwettbewerb, der vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst ins Leben gerufen wurde, gibt es in Hessen nun schon seit zwanzig Jahren und seit 1990 darüber hinaus auch in Thüringen. Junge Schreibende können sich mit ihren Texten am Jungen Literaturforum Hessen-Thüringen beteiligen. Neben attraktiven Preisen werden die Texte der Preisträger und Preisträgerinnen in der jährlich erscheinenden Anthologie „Nagelprobe“ veröffentlicht.
Am bundesweiten Vorlesetag der Stiftung Lesen beteiligen sich in Hessen jedes Jahr viele prominente Vorleserinnen und Vorleser und Privatpersonen, die in Bildungseinrichtungen oder Online-Vorlesungen Kindern- und Jugendlichen vorlesen.
Hinweis:
Das Landesporträt wird in enger Zusammenarbeit mit Ansprechpartnerinnen und -partnern aus Hessen erarbeitet. Es wurde im Oktober 2021 zuletzt überarbeitet. Sobald neue Informationen vorliegen, werden die entsprechenden Abschnitte im Text bzw. die Verweise im Text und in der rechten Spalte ergänzt und aktualisiert.
Kontakt:
Dr. Daniela Neumann
- Verstärkte Leseförderung –
III.4 Bildungssprache Deutsch
Hessisches Kultusministerium
Luisenplatz 10
65185 Wiesbaden
Tel.: +49 611 3682672
Fax: +49 611 3682099
E-Mail: Daniela.Neumann@kultus.hessen.de
Internet: http://www.kultusministerium.hessen.de
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