Bericht

Deutscher Jugendliteraturpreis 2022

21.10.2022

Gelingendes Miteinander




Preisstatue Momo
Preisstatue Momo
© Sebastian Kissel
Rund 1.300 Gäste waren in diesem Jahr wieder live dabei, als Bundesministerin Lisa Paus am 21. Oktober 2022 auf der Frankfurter Buchmesse die Gewinnerinnen und Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreises verkündete.
„In allen ausgezeichneten Werken geht es um das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft“, erklärte die Vorsitzende der Kritikerjury, Prof. Dr. Karin Vach. „Die Preisbücher erzählen kunstvoll, wie Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaften gestaltet werden können und welche Rolle dabei die Erinnerung spielt. Die Geschichten spiegeln den Wert einer demokratischen Gesellschaft und zeigen, dass alle Mitverantwortung für das Gelingen tragen.“



Mitschnitt der Preisverleihung auf der Frankfurter Buchmesse




Siegertitel in der Sparte Bilderbuch
Sieger in der Sparte Bilderbuch ist Unsere Grube (Beltz & Gelberg) der schwedischen Autorin und Illustratorin Emma Adbåge. In ihrer ganz eigenen Bildsprache, mit viel Humor und Feingefühl, erzählt sie von der Bedeutsamkeit unbeobachteter Kindheit – und steht dabei eindeutig auf Seiten der Kinder. Unaufgeregt lässt sie diese gemeinsam und erfindungsreich Konflikte lösen und bestärkt sie darin, eigenen Ideen zu vertrauen und ihre Spielräume aktiv zu gestalten. Die Wirkung des ermutigenden Bilderbuchs ist auch der Übersetzung von Friederike Buchinger zu verdanken, die genau den richtigen Ton findet.
Begründung der Kritikerjury

Unsere Grube
Von Emma Adbåge (Text und Illustration)
Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger
Beltz & Gelberg, 18,00 € (D), 18,50 € (A), ab 4 Jahren
ISBN: 978-3-407-75495-0


Siegertitel in der Sparte Kinderbuch
Als bestes Kinderbuch überzeugte Die Suche nach Paulie Fink (Hanser) der US-amerikanischen Autorin Ali Benjamin. In diesem geht es nicht nur um den legendären Paulie Fink, der nach den Sommerferien spurlos verschwunden ist, sondern vielmehr um die Entwicklung der Ich-Erzählerin Caitlyn und um die Bedeutung jedes Einzelnen in der Schulgemeinschaft. Dabei besticht der Roman durch seine große Erzählkunst mit einer Kombination von Textsorten und dem Spiel von Realität und Fiktion. In ihrer Übersetzung geben Jessika Komina und Sandra Knuffinke wunderbar sowohl die leisesten als auch die wildesten Momente dieser Geschichte wieder.
Begründung der Kritikerjury

Die Suche nach Paulie Fink
Von Ali Benjamin
Aus dem Englischen von Jessika Komina und Sandra Knuffinke
Hanser, 18,00 € (D) , 18,50 € (A), ab 11 Jahren
ISBN: 978-3-446-26949-1


Siegertitel in der Sparte Jugendbuch
Gewinner beim Jugendbuch ist Kirsten Boies zeitgeschichtlicher Roman Dunkelnacht (Oetinger), der die Gräuel der „Penzberger Mordnacht“ im April 1945 beschreibt. In knappen Sätzen schildert sie mit schmerzhafter Präzision, wie ideologische Verblendung jede Menschlichkeit ausradiert, wie Nachbarn zu Mördern werden. Kirsten Boie ist mit dem fast szenisch verdichteten Text ein grandioses Stück Erinnerungsliteratur gelungen, das unter die Haut geht. Und nebenbei erfindet sich die bekannte Erfolgsautorin völlig neu.
Begründung der Kritikerjury

Dunkelnacht
Von Kirsten Boie
Oetinger, 13,00 € (D), 13,40 € (A), ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-7512-0053-0


Siegertitel in der Sparte Sachbuch
Bestes Sachbuch ist Der Duft der Kiefern (avant) von Bianca Schaalburg. In ihrer Graphic Novel begibt sich die Autorin auf eine autobiografische Spurensuche und hinterfragt die Rolle ihrer Familie während der NS-Zeit. Dabei ist ihr Werk nicht nur ein Stück persönlicher Aufarbeitung, sondern vielmehr ein Beitrag gegen das Vergessen und eine Aufforderung zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Eindrucksvoll legt das Sachbuch dar, wie grafisches Erzählen die Möglichkeiten der Wissensvermittlung erweitert.
Begründung der Kritikerjury

Der Duft der Kiefern. Meine Familie und ihre Geheimnisse
Von Bianca Schaalburg
avant, 26,00 € (D), 26,80 € (A), ab 14 Jahren
ISBN 978-3-96445-058-6


Siegertitel der Jugendjury
Das Preisbuch der Jugendjury ist die Coming-of-Age-Geschichte Hard Land (Diogenes) von Benedict Wells. Aus der Perspektive des 15-jährigen Sam beschreibt dieser Roman, angesiedelt in Missouri im Jahre 1985, die Zeit des Erwachsenwerdens. Es ist ein Sommer voll Abenteuer und Schmerz, der Sam die erste Liebe und die ersten Verluste bringt. Ein Sommer, der mitsamt seinen Schattenseiten eine Liebeserklärung an die Jugend ist.
Begründung der Jugendjury

Hard Land
Von Benedict Wells
Diogenes, 24,00 € (D), 24,70 € (A), ab 15 Jahren
ISBN: 978-3-257-07148-1


Sonderpreis Gesamtwerk für den Illustrator Hans Ticha
Der mit 12.000 Euro dotierte Sonderpreis Gesamtwerk geht an den 1940 geborenen Illustrator Hans Ticha, dessen kinderliterarisches Schaffen seinen Höhepunkt in den 1970er und 1980er Jahren in der DDR hatte. Seine Bilderwelten bewegen sich klug ausbalanciert zwischen Poesie, Pop-Art und Persiflage. Charakteristisch sind die Verwendung knalliger Farben, reduzierter grafischer Formen sowie das Auftreten phantastischer Figuren mit kugelrunden Körpern. Der Deutsche Jugendliteraturpreis ehrt einen einzigartigen Bilderbuchkünstler, dessen Bücher zwischen Eigensinn und politischer Geste einen erneuten Auftritt in allen Haushalten, Schulen und Kindergärten verdienen.
Begründung der Sonderpreisjury


Sonderpreis „Neue Talente“ für die Illustratorin Mia Oberländer
Der Auszeichnung für das Lebenswerk steht der Sonderpreis „Neue Talente“ gegenüber. Über diesen kann sich die Illustratorin Mia Oberländer freuen. In ihrem Comic Anna (Edition Moderne) bearbeitet sie mit Verve und Humor das Thema Großsein. Auf farbflächigen Bildtafeln geht sie der Frage nach, was es bedeutet, nicht der Norm zu entsprechen und ausgegrenzt zu werden. Durch die bildnerische Freistellung der Figuren und die Überzeichnung von Mimik wie Körperproportionen werden das Denken, Fühlen und Handeln der Protagonistinnen meisterhaft inszeniert.
Begründung der Sonderpreisjury


Stifter des Deutschen Jugendliteraturpreises ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ausrichter der Arbeitskreis für Jugendliteratur. Die Auszeichnung wird seit 1956 für herausragende Kinder- und Jugendbücher vergeben und ist mit insgesamt 72.000 Euro dotiert. Bis auf den Sonderpreis Gesamtwerk sind alle weiteren Auszeichnungen mit einem Preisgeld von 10.000 Euro verbunden. Zudem erhalten alle Preisträgerinnen und Preisträger eine Skulptur, die bronzene Momo.


Gefördert vom:
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend www.bmfsfj.de

Kontakt:
Bettina Neu
Arbeitskreis für Jugendliteratur e.V.
Steinerstr. 15, Haus B
81369 München
Tel.: (089) 45 80 80 87
E-Mail: info@jugendliteratur.org
www.jugendliteratur.org
Redaktionskontakt: schuster@dipf.de