Bericht

Aller Anfang ist ... Erstleseliteratur zwischen Lesenlernen und Lesegenuss

15.11.2019

kjl&m - forschung.schule.bibliothek - Heft 19.4




Titelseite kjl&m 19.4
Titelseite kjl&m 19.4
© kopäd Verlag
Der Literatur des Leseerwerbs wird eine in vielerlei Hinsicht entscheidende, aber nicht widerspruchsfreie Rolle im Rahmen der Leseentwicklung zugewiesen. Sie soll leicht zugänglich sein und Lesenovizinnen und -novizen erste Erfahrungen eigenständigen Lesens ermöglichen. Sie darf keine Barrieren aufbauen gegenüber Kindern, denen die literarische Sprache noch fremd ist. Sie soll gleichzeitig auch Kinder herausfordern, die bereits über vielfältige Erfahrungen im Umgang mit Schriftsprache verfügen. Sie soll die Freude am Lesen und an der Literatur entwickeln und erhalten. Das vorliegende Themenheft wendet sich dieser Literatur zu und fragt nach aktuellen Tendenzen, Phänomenen und didaktischen Positionen zur Unterstützung eines erfolgreichen Leseerwerbs.

Literaturbegegnung in der frühen Kindheit ist gleichsam ein ästhetischer wie auch ein sozialer Akt, der Vermittlung und Vermittlerinnen und Vermittler erfordert. Die hier verankerten kinderliterarischen Gattungen sind daher immer auch stark an der Mündlichkeit orientiert oder umfassen verschiedene Modi der Zeichendarstellung wie das Bild und den Ton neben der Schrift.

Mit dem Erwerb der Lesefähigkeiten – in der Regel am Beginn der Schulzeit – kommen Kinder mit einer neuen Form des Lesens in Berührung. Zunehmend wird das Lesen ein selbstständiger und selbstbestimmter, intimer und zurückgezogener Akt. Dabei besteht das große Problem, dass die vorschulischen und außerschulischen Literaturerfahrungen weit über die ästhetische Qualität hinausreichen, die Kinder in den ersten Lesetexten der schulischen Lesefibeln und oft auch der Erstleseliteratur erleben. Damit sind diese Texte vielfach nicht sehr attraktiv für Kinder, die bereits mehr von literarischen Werken erwarten. Weiterhin fehlt vielen Kindern die familiale Unterstützung bei der Begegnung mit Literatur, sodass die Lernvoraussetzungen am Schulanfang auch in diesem Bereich stark differieren.

Der Literatur des Leseerwerbs wird daher eine in vielerlei Hinsicht entscheidende, aber nicht widerspruchsfreie Rolle zugewiesen. Sie soll leicht zugänglich sein und Lesenovizinnen und -novizen erste Erfahrungen eigenständigen Lesens ermöglichen. Sie darf keine Barrieren aufbauen gegenüber Kindern, denen die literarische Sprache noch fremd ist. Sie soll gleichzeitig auch Kinder herausfordern, die bereits über vielfältige Erfahrungen im Umgang mit Schriftsprache verfügen. Sie soll die Freude am Lesen und an der Literatur entwickeln und erhalten.

Das vorliegende Themenheft wendet sich der Literatur dieser kindlichen Lebensphase zu. Dabei richtet sich der Blick einerseits auf die Gattung der Erstlesebücher, die sich durch eine besondere Berücksichtigung der entwicklungsbedingten Besonderheiten des Leseerwerbs auszeichnet. Welche Tendenzen zeigt der aktuelle Buchmarkt (Stephanie Jentgens, Sandra Siewert), wie können Erstlesebücher zur Leseförderung herangezogen werden (Anita Schilcher) und wie bewerten eigentlich Kinder selbst das vielfältige Programm der Erstleseliteratur? (Christoph Jantzen) Was sind Vorläufer der heutigen Fibeln und schulischen Leselernmaterialien? (Sebastian Schmideler) Andererseits ist das Themenspektrum aber auch weiter gefasst, da Kinder in der Phase des Leseerwerbs mit vielfältigen Formen von Literatur konfrontiert werden. Die Beiträge des Heftes thematisieren auch ABC-Bilderbücher (Anna Herrmann), Märchen (Johanna Duckstein), digitale Leseangebote (Anne Krichel/Michael Staiger, Clara-Charlotte Orland/Michael Ritter), inklusive Buchkonzepte (Judith Riegert) und das mündliche Erzählen als möglichen Zugang zur Schriftlichkeit. (Nadine Naugk) Als Ort der Erstlesesozialisation geraten die Städtischen Bibliotheken Dresden in den Blick. (Rebekka Putzke/Christine Lippmann) Und im Interview mit Sebastian Schmideler berichtet Susanne Riegler von den besonderen Herausforderungen bei der Textbearbeitung für Leseeinsteigerinnen und -einsteiger.

Im Spektrumsbeitrag stellen Kirsten Kumschlies und Tobias Kurwinkel das Konzept einer transmedialen Lektüre zur Diskussion. Schließlich werden neue wissenschaftliche Publikationen und der diesjährige Preisträger des Heinrich-Wolgast-Preises der GEW vorgestellt.

Michael Ritter


Inhaltsverzeichnis kjl&m 19.4

Editorial
Aller Anfang ist... Erstleseliteratur zwischen Lesenlernen und Lesegenuss

Stephanie Jentgens
Von der allmählichen Emanzipation einer verachteten Buchform. Das Erstlesebuch

Sebastian Schmideler
Vom ABC des Lesenlernens. Zur Entwicklungsgeschichte von Fibeln und Erstleseliteratur für Kinder im 18. und 19. Jahrhundert

Anna Herrmann
Aktuelle ABC-Bücher im Vergleich

Johanna Duckstein
Märchen als Erstleseliteratur. Ein Blick auf aktuelle Erscheinungsformen

Anne Krichel / Michael Staiger
Digitales Erstlesen. Zum didaktischen Potenzial von Spiel- und Lern-Apps

Anita Schilcher
Viele Grüße, deine Giraffe (Iwasa/Mühle 2017) – ein Erstlesebuch mit Witz und literarischer Qualität

Rebekka Putzke / Christine Lippmann
Dresden blättert die Welt auf. Bibliotheken als Orte früher literarischer Sozialisation

Christoph Jantzen
„Ich fand total komisch, dass man diesen Kaktus jetzt nähen muss“ Wie Kinder sich wertend über Erstlesebücher äußern

Judith Riegert
Erstleseliteratur – barrierefrei und inklusiv!? Überlegungen zur Gestaltung inklusiver Erstleseliteratur am Beispiel von Die Bunte Bande. Das gestohlene Fahrrad von Corinna Fuchs (2018)

Sandra Siewert
Narrative Strukturen und literarästhetisches Potential von Erstlesebüchern

Nadine Naugk
Phantasiegeschichten erzählen – Zugänge zur Schriftlichkeit?

Clara-Charlotte Orland / Michael Ritter
Lesetradition und Medienwandel. Überlegungen zur Erforschung von Lesepraxen und Leseerwerb unter sich ändernden schriftkulturellen Bedingungen

Kurz gefragt
Interview mit Susanne Riegler, Professorin für Grundschuldidaktik Deutsch


SPEKTRUM

Kirsten Kumschlies / Tobias Kurwinkel
Transmediale Lektüre. Medienverbünde im Deutschunterricht der Primarstufe


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kjl&m forschung.schule.bibliothek
Die Zeitschrift „kjl&m forschung.schule.bibliothek“, bis 2007 „Beiträge Jugendliteratur und Medien“, wird herausgegeben von der AG Jugendliteratur und Medien (AJuM) der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und erscheint im kopäd Verlag. Die Redaktion bilden die KJL-Expertinnen und -Experten Prof. Dr. Petra Josting (Bielefeld), Prof. Dr. Julia Benner (Berlin), Prof. Dr. Michael Ritter (Halle) und Dr. Sebastian Schmideler (Leipzig).
Inhaltliche Schwerpunkte von kjl&m sind:
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  • Forschung zur Kinder- und Jugendliteratur
  • Medienpädagogische und literaturdidaktische Ansätze
  • Arbeit in Schulbibliotheken und Zusammenarbeit von öffentlichen Bibliotheken und Schulen
Jede der vierteljährlich erscheinenden Ausgaben hat einen Themenschwerpunkt und bietet darüber hinaus in der Rubrik „Spektrum“ Beiträge zu weiteren Themen an. Eine Sammelrezension von Kinder- und Jugendliteratur, Rezensionen von Fachliteratur und Beiträge zum Thema Unterricht sowie Berichte und Hinweise rund um KJL bieten allen, die sich professionell mit Kinder- und Jugendliteratur beschäftigen, umfassende Information und Anregungen für die Praxis.
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