Bericht

Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung IGLU 2016

22.09.2015

Deutschland beteiligt sich zum vierten Mal an der internationalen Vergleichsstudie




Quelle: IfS, TU Dortmund
Quelle: IfS, TU Dortmund
Seit dem Jahr 2001 führt die International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) die international-vergleichende Schulleistungsuntersuchung Progress in International Reading Literacy Study (PIRLS) in einem Abstand von 5 Jahren durch. PIRLS ist in Deutschland besser als Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) bekannt. Deutschland beteiligt sich auf Beschluss der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2016 zum vierten Mal an der Untersuchung (IGLU 2001, 2006, 2011 und 2016). Im Zentrum von IGLU steht der internationale Vergleich des Leseverständnisses von Schülerinnen und Schülern am Ende der vierten Jahrgangsstufe. Untersucht werden unter anderem Leseleistungen, lesebezogene Einstellungen und Leseverhalten von Grundschulkindern im internationalen Vergleich mit ca. 50 anderen Staaten.

Das Konzept von Lesekompetenz in IGLU
Die theoretische und konzeptionelle Struktur der Lesekompetenz in IGLU ist an die angelsächsische Literacy-Tradition angelehnt, die grundlegende Kompetenzen definiert, die für das Lesen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Situationen bedeutsam sind. Das zugrunde liegende Konzept der Lesekompetenz bezieht sich vor allem auf die Fähigkeit, Texte verschiedener Arten zu verstehen und zu nutzen.

Mit IGLU werden explizit drei Bereiche der Lesekompetenz fokussiert:
(1.) die Leseintention, mit der ein Text gelesen wird,
(2.) das Verständnis der Informationen eines Textes und
(3.) die Aspekte des Leseverhaltens und Einstellungen zum Lesen.

Die ersten beiden genannten Bereiche werden mit Hilfe des in IGLU eingesetzten Lesetests operationalisiert und erfasst. Leseverhalten und Einstellungen zum Lesen werden mit Hilfe eines Schülerfragebogens erhoben. Die theoretische Struktur der Lesekompetenz ist in einem Modell (siehe Abbildung) dargestellt. Dieses unterscheidet zwischen vier Verstehensprozessen, die textimmanente und wissensbasierte Verstehensleistungen seitens der Schülerinnen und Schüler voraussetzen. Das sind
(a.) explizit angegebene Informationen lokalisieren,
(b.) einfache Schlussfolgerungen ziehen,
(c.) komplexe Schlussfolgerungen ziehen, interpretieren und kombinieren und
(d.) Inhalte und Sprachgebrauch prüfen und bewerten.

Die theoretische Struktur der Lesekompetenz umfasst neben dem Leseverständnis auch die Gründe des Lesens, die durch zwei Leseintentionen berücksichtigt werden: Zum einen das Lesen, um literarische Erfahrungen zu machen und zum anderen das Lesen, um Informationen zu gewinnen. Die individuellen und motivationalen Voraussetzungen werden in IGLU über die lesebezogenen Einstellungen (Motivation und Leseselbstkonzept) und das Leseverhalten mittels eines Schülerfragebogens erfasst.



Quelle: Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS), TU Dortmund
Quelle: Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS), TU Dortmund


Um eine inhaltliche Interpretation der von den Schülerinnen und Schülern erreichten Testwerte zu ermöglichen, werden in IGLU wie in anderen Schulleistungsuntersuchungen Kompetenzstufen gebildet. Dies erlaubt eine Darstellung von Schülerfähigkeiten und Aufgabenschwierigkeiten auf einer gemeinsamen Skala. Diese Skala wurde anhand des internationalen Datensatzes durch Setzung von vier Benchmarks (400, 475, 550, 625 Skalenpunkte) in fünf Abschnitte eingeteilt. Die Bereiche, die zwischen diesen Referenzwerten liegen, werden in der deutschen Berichterstattung als Kompetenzstufen bezeichnet. Kinder auf einer hohen Kompetenzstufe können mit großer Wahrscheinlichkeit alle Aufgaben lösen, die den darunter liegenden Kompetenzstufen entsprechen.

Rahmenmodell
Die Leseleistungen der Schülerinnen und Schüler werden in IGLU als ein Ergebnis von Lernprozessen betrachtet, die in einen Kontext von vielfältigen Bedingungen eingebunden sind. Das in IGLU verwendete theoretische Rahmenmodell veranschaulicht die Zusammenhänge und Einflüsse, von denen angenommen werden kann, dass sie den (Schul-)Alltag von Kindern prägen. Das Modell berücksichtigt zum einen gesellschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen und zum anderen individuelle Erfahrungen, Einstellungen und Kompetenzen. Um die Rahmenbedingungen bei der Interpretation der erhobenen Leistungsdaten heranziehen zu können, werden Kontextfragebögen eingesetzt, in denen Schülerinnen und Schüler, ihre Deutschlehrkräfte sowie Schulleitungen Fragen, z. B. bezogen auf den Schul- und Klassenkontext, beantworten. Individuelle und familiäre Merkmale, wie z. B. die Migrationsgeschichte oder das sozioökonomische Kapital einer Familie, werden durch Eltern- und Schülerfragebögen erfasst. Um die Besonderheiten des deutschen Schulsystems zu erfassen, wurden die international vorgegebenen Fragebögen um nationale Teile ergänzt. Durch die in den Fragebögen gewonnen Informationen ist es möglich, die Unterschiede in den Leistungsergebnissen der Schülerinnen und Schüler vor dem Hintergrund von Kontextmerkmalen zu analysieren. Darüber hinaus können die Angaben bei der Interpretation von internationalen Vergleichen herangezogen werden.

Erhebungszeitraum und Ablauf der Untersuchung
Eine Voruntersuchung zu IGLU/PIRLS 2016 fand im März 2015 in fünf ausgewählten Bundesländern an etwa 50 Schulen statt. In Deutschland werden an der Hauptuntersuchung im Frühjahr 2016 etwa 4000 Viertklässlerinnen und Viertklässler an ca. 200 Grundschulen in allen 16 Bundesländern teilnehmen. Dies stellt eine repräsentative Stichprobe da. Die Schulen bzw. die teilnehmenden Klassen werden nach dem Zufallsprinzip bestimmt.

Die Erhebung findet an einem Vormittag in der Schule statt. Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten die IGLU-Aufgaben sowie einen Fragebogen. Mit der Durchführung der gesamten Erhebung werden externe, speziell geschulte Testleiterinnen und Testleiter betraut.


Wissenschaftliches Konsortium:
Prof. Dr. Wilfried Bos (Sprecher)
Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS)
Technische Universität Dortmund

Prof. Dr. Albert Bremerich-Vos
Fakultät für Geisteswissenschaften
Universität Duisburg-Essen

Prof. Dr. Nele McElvany
Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS)
Technische Universität Dortmund

Kooptierte Mitglieder im Konsortium
Prof. Dr. Eva-Maria Lankes
TUM School of Education
Technische Universität München

Prof. Dr. Tobias C. Stubbe
Institut für Erziehungswissenschaft
Georg-August-Universität Göttingen

Prof. Dr. Renate Valtin
Institut für Erziehungswissenschaften
Humboldt-Universität zu Berlin

Studienkoordination am Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS)
Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Wilfried Bos
Projektleitung: Anke Walzebug
Kontakt: iglu2016@ifs.tu-dortmund.de

Projektkoordination:
Dr. Anke Walzebug
Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS)
Technische Universität Dortmund
Campus Nord, CDI, Raum CDI / 231
Tel.: (0231) 755-7418
E-Mail: anke.walzebug@ifs.tu-dortmund.de

Dr. Heike Wendt
Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS)
Technische Universität Dortmund
Campus Nord, CDI, Raum CDI / 228
Tel.: (0231) 755-7404
E-Mail: wendt@ifs.tu-dortmund.de
Redaktionskontakt: schuster@dipf.de