Schülertext

Geschichten von Kindern für Kinder

23.07.2012

Können Stinkbomben die Welt verändern?




Titelseite des Buches
Titelseite des Buches
© Domino Verlag
530 Kinder sind dem Schreibaufruf des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), des Vereins „Kinder lesen und schreiben für Kinder e.V.“ und der Stiftung LERNEN der Schul-Jugendzeitschriften FLOHKISTE und floh! gefolgt und haben ihre Kurzgeschichten eingereicht. Der Schreibwettbewerb war im Rahmen des BLLV-Projekts „WERTvoll MITeinander“ im Wertebündnis Bayern ausgelobt worden. Eine 13-köpfige Jury, besetzt mit Pädagogen, Journalisten sowie den bildungspolitischen Sprechern der großen Parteien im Bayerischen Landtag, wählte 10 Gewinner aus, die am 15. Juni 2012 im Bayerischen Landtag in München gekürt wurden. Um einige der besten Geschichten auch anderen Kindern zugänglich zu machen, hat die Stiftung LERNEN der Schul-Jungendzeitschriften FLOHKISTE und floh! diese nun in Buchform veröffentlicht. Der Erlös des 100 Seiten umfassenden Sammelbandes „Können Stinkbomben die Welt verändern“ wird an das Kinderhaus CASADENI in Peru, das Kinderhilfsprojekt des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnen Verbands, gespendet.

Ob Stinkbomben nun die die Welt verändern können, zumindest die Welt von Paul und Tom aus der Klasse 6d, können Sie in der nachfolgenden Geschichte von Bruno Heinel aus der 5d des Ludwigsgymnasiums München lesen.

Können Stinkbomben die Welt verändern?
Paul und Tom gingen in die 6d des Erasmus-Grasser-Gymnasiums. Sie waren die dicksten Freunde, die sich häufig nach der Schule besuchten und die meiste Freizeit miteinander verbrachten. In der Schule lief es ganz gut, nur mit der Chemielehrerin Frau Weber kamen sie einfach nicht zurecht.

Letzte Woche hatte Frau Weber ihnen ziemlich viele Hausaufgaben aufgegeben, und obwohl es ihnen nicht viel Spaß gemacht hatte, gaben Paul und Tom ihr Bestes und erledigten die Aufgaben rechtzeitig. Als Frau Weber die Hausaufgaben einsammeln wollte, bekam Tom einen Riesenschreck. Er wurde bleich im Gesicht und sein Herz begann zu rasen. Wo war es denn, das Chemieheft?
„Das kann doch nicht wirklich wahr sein, ich habe das Heft zu Hause vergessen!“, dachte Tom entsetzt. Frau Weber kam immer näher, und Tom begann hastig zu erklären: „Aber, aber ... ich habe die Hausaufgaben doch gemacht! Ich habe nur das Heft vergessen. Ich kann es Ihnen doch morgen nachträglich geben!“
Aber Frau Weber blieb hart. Sie meinte streng: „Ich glaube dir kein Wort! Dafür, dass du deine Hausaufgaben nicht gemacht hast, gebe ich dir eine Sechs.“
Paul und Tom trafen sich sofort nach der Schule zu einer Lagebesprechung. Tom fühlte sich sehr ungerecht be handelt, und beide waren wütend hoch zehn. Der einzige Gedanke, den sie hatten, war: „Rache!“

Die beiden Freunde zerbrachen sich den Kopf, wie sie sich denn rächen könnten, bis Paul plötzlich rief: „Die große Lehrerkonferenz! Die ist doch heute Nachmittag! Da ist die ungerechte Frau Weber doch bestimmt auch dabei!“
„Richtig“, ergänzte Tom, „und da fallen mir auch die Stinkbomben ein, die wir eigentlich für Fasching gekauft haben!“
Beide sahen sich in die Augen und nickten verschwörerisch. Sie schwangen sich eilig auf die Fahrräder und rasten in die Schule. Gerade noch rechtzeitig!
Die Konferenz schien noch voll im Gang zu sein. Das Lehrerzimmer war im ersten Stock, und die Freunde suchten sich einen Platz, von wo aus sie ins Fenster sehen konnten, ohne selbst gesehen zu werden.
„Da, schau mal, Paul, da sitzt doch die Weber am offenen Fenster. Ich kann sie genau erkennen!“, rief Tom.
Er nahm die Stinkbombe fest in die Hand, zielte und warf sie, so fest er konnte, ins offene Fenster hinein.
„Super!“, bemerkte Paul, „ vielleicht ein bisschen weit, aber auf jeden Fall getroffen.“

Im Lehrerzimmer waren alle Lehrer versammelt. Sie gingen gerade die Noten der Schüler durch, als da plötzlich etwas durchs Fenster geflogen kam. Es landete ziemlich genau in der Mitte des Zimmers, aber da es ganz klein war, nahm es keiner der Lehrer zur Kenntnis. Zuerst fragte sich Herr Quintus, ob Frau Schuster mal wieder Eiersalat zum Mittagessen verputzt hätte. Er schwieg aber vornehm, denn er wollte seine Kollegin nicht in eine peinliche Situation bringen. Dann fragte sich Frau Huber, ob Herr Baier etwa Blähungen hätte, und rückte mit ihrem Stuhl diskret etwas zur Seite. Herr Baier seinerseits dachte, der widerliche Geruch käme von draußen, und schloss das Fenster. Jetzt wurde der Gestank natürlich noch schlimmer, bis alle Lehrer es wussten: „Stinkbombenalarm!“
Rektor Skinner ließ sofort alle Fenster öffnen, trotzdem drang der Gestank, eine Mischung aus faulen Eiern und Schwefel, in alle Nasen und setzte sich in den letzten Ritzen des Lehrerzimmers fest. Alle Lehrer verließen voller Ekel fluchtartig den Raum, die zarte Frau Wimmer würgte es sogar ein wenig, nur die hartgesottene Frau Weber blieb am Fenster und warf misstrauisch einen Blick in den Hof. Hatte sie da nicht noch zwei ihrer Schüler gesehen? Was taten denn
Paul und Tom aus der 6d nachmittags noch in der Schule? „Waren die beiden es etwa?“, fragte sich Frau Weber erschrocken und vergaß dabei fast den bestialischen Gestank. „Ein Motiv hätten sie ja. Die Note Sechs ... War ich vielleicht doch ein bisschen zu streng? Hätte ich Tom etwa doch glauben sollen?“ Frau Weber wurde fast schwindlig, so viele Gedanken brausten ihr durch den Kopf.

In der Nacht schlief keiner gut. Paul und Tom nicht, weil sie dann doch ein schlechtes Gewissen hatten. Sie sahen ein, dass sie in ihrer Wut eindeutig zu weit gegangen waren. Und Frau Weber fand keinen Schlaf, weil sie feststellte, dass sie für die Kinder mehr Verständnis hätte aufbringen sollen. Sie nahm sich fest vor, in Zukunft eine nettere Lehrerin zu werden.

Am nächsten Tag bat Frau Weber Paul und Tom zu einem Gespräch. Die beiden Kinder kamen mit weichen Knien, weil sie mit der schlimmsten Strafe rechneten. Sie dachten, wenn Frau Weber sie gesehen und erkannt hatte, dann könnten sie ja sogar von der Schule fliegen! Aber zu ihrer Überraschung lief alles ganz anders:
Frau Weber entschuldigte sich für ihr strenges Verhalten! Damit hatten die beiden natürlich überhaupt nicht gerechnet und entschuldigten sich ihrerseits
tausendmal für die Stinkbombe. Frau Weber erklärte sich sogar bereit, das Geheimnis mit der Stinkbombe nicht weiterzuverraten. Seit diesem Tag war für Paul und Tom Frau Weber die netteste Lehrerin der Schule, und Chemie wurde ihr absolutes Lieblingsfach.
Es scheint so, als ob Stinkbomben tatsächlich die Welt verändern könnten.

Autor: Bruno Heinel, Klasse 5b, Ludwigsgymnasium, München

Können Stinkbomben die Welt verändern
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