Bericht

Das Potenzial von E-Readern in der Leseförderung

04.06.2012

Elektronische Leseangebote können die Lesemotivation erhöhen




Zugangsportal zur elektronischen Bibliothek (Ausschnitt), © Stiftung Lesen
Zugangsportal zur elektronischen Bibliothek (Ausschnitt), © Stiftung Lesen
Die Studie des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen untersuchte das Potenzial von E-Readern in der Leseförderung und die Attraktivität eines elektronischen Leseangebots gegenüber herkömmlichen Büchern. Folgende Fragen standen im Mittelpunkt der Untersuchung: Sind E-Reader und elektronisches Leseangebot (E-Books) für Kinder attraktiv? Können E-Reader und E-Books die Vorstellungen und Meinungen (das Image) vom Lesen positiv beeinflussen? Wie wirkt sich die Technik der E-Reader auf Auswahlstrategien von Büchern aus? Welches Potenzial steckt in der Leseförderung durch E-Reader und welche Bedingungen müssen gegeben sein, um es voll auszuschöpfen?

Experimentelle Untersuchung in der Jahrgangsstufe 6
Die experimentelle Untersuchung begleitete von September 2010 bis Juni 2011 Schülerinnen und Schüler aus vier vergleichbaren Schulklassen der Jahrgangsstufe 6 an fünf integrierten Gesamtschulen im Rhein-Main-Gebiet über ein Schuljahr hinweg: Eine Klasse erhielt eine Klassenbibliothek mit rund 90 altersgerechten Büchern, eine Klasse wurde mit E-Readern und Zugang auf eine Website mit kostenlosem Angebot der gleichen Buchtitel als E-Books ausgestattet, eine Klasse erhielt sowohl eine Klassenbibliothek als auch E-Reader und E-Book-Angebot und eine vierte Klasse diente als Referenzklasse ohne Ausstattung.

Die Ergebnisse zeigen:
Die E-Reader und E-Books bewirken erstens eine Anfangsbegeisterung, sie sind attraktiver als das herkömmliche Bücherregal und Printbücher. Eine vorhandene Hemmschwelle zum (Erst-) Kontakt mit Büchern kann gesenkt werden – gerade bei Kindern, die bisher keinen Bezug zum Lesen hatten. Die Akzeptanz dieses neuen Zugangs zu Büchern birgt großes Potenzial für eine erhöhte Lesemotivation.
Die Nutzung des E-Readers trägt zweitens dazu bei, das Lese-Image zu verbessern. Das nicht selten von Jugendlichen als „altmodisch“ empfundene gedruckte Buch erscheint auf dem E-Reader als moderne Alternative.
Drittens werden für E-Books andere Auswahlstrategien angewendet als bei gedruckten Büchern. Es werden mehr – darunter auch besonders umfangreiche – Bücher digital heruntergeladen als in gedruckter Form ausgeliehen. Die für Leseferne „einschüchternde“ Erscheinung umfangreicher gedruckter Bücher entfällt beim Anschauen der Buchcover im Internet. Damit wird deutlich: E-Books sind besonders geeignet, die Schwelle zum Bücherlesen bei lesefernen Jugendlichen zu senken. Das Buch erscheint beherrschbar.

Mindestanforderungen an E-Reader und Website
Gleichsam wird deutlich, dass inhaltliche und technische Mindestanforderungen hinsichtlich des E-Readers und der Website erfüllt werden müssen, da die Anfangsbegeisterung sonst nicht dauerhaft gehalten werden kann und die Nutzung nach der ersten „Euphorie des Neuen“ abbricht.
Dazu zählt erstens eine intuitive Technik der E-Reader. Multimediafähige Geräte sind besonders für Jungen von Interesse, die über das Textliche hinaus darstellende, spielerische und interaktive Elemente favorisieren.
Zweite Anforderung ist eine intuitive E-Book-Plattform, die kurze Zugriffswege auf E-Books gewährleistet. Viele Schüler/-innen brechen den Weg zur Nutzung der E-Books ab, wenn er – ohne direkten Internetzugang des E-Readers – zu lang und nicht intuitiv genug ist. Internetfähige E-Reader bzw. Multifunktionsgeräte verkürzen den Weg, indem eine „individuelle Bibliothek“ direkt auf dem Endgerät entsteht.
Drittens sind auch Möglichkeiten der Anschlusskommunikation, z.B. in einem Chat oder die Möglichkeit der Buchbewertung direkt auf der Internetseite, für viele Jugendliche wichtig.

Chartbericht zum Download
Eine Präsentation mit Informationen über zentrale Befunde, Hintergrund, Anlage und Durchführung der Untersuchung steht im pdf-Format (1,8 MB) zum Download zur Verfügung unter: www.stiftunglesen.de/ereaderstudie

Autor:

Timo Reuter
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Institut für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen
Römerwall 40
55131 Mainz
Tel.: (06131) 25041-100
E-Mail: timo.reuter@stiftunglesen.de
Internet: www.stiftunglesen.de/forschung

Redaktionskontakt: schuster@dipf.de